ThemenPredigten und Bibelarbeiten

Psalm 119: Ich freue mich über dein Wort

Das Studium von Gottes Wort kann wirklich Freude machen, wenn die Feinde der Freude abgewehrt werden und ihre Förderer Raum haben.

Manchmal ist es nicht so einfach, sich richtig zu freuen. Da bekommt jemand ein Paket zum Geburtstag und packt es erwartungsvoll aus. Aber dann hat er nur wieder eins von den einfallslosen Geschenken in der Hand, die später irgendwo nutzlos herumstehen und verstauben. Soll man sich darüber freuen?

Und doch ist es ganz einfach, sich richtig zu freuen. Denn wirklich Freude muss man nicht machen. Sie ist einfach da und erfüllt den ganzen Menschen. Sie leuchtet aus den Augen, sie strahlt aus dem Gesicht, sie sprudelt aus dem Mund und zuckt in den Gliedern. Natürlich springt nicht jeder gleich an die Decke. Echte Freude kann auch bei dem da sein, der nur leicht die Mundwinkel verzieht.

Jeder weiß, was echte Freude ist, aber jeder kennt auch die Freude mit langem Gesicht. Nun scheint allerdings die Freude am Wort Gottes bei den meisten Christen eine Freude der letzteren Art zu sein, eine Freude mit langem Gesicht. Und wenn sie an die Psalmen denken, dann freuen sie sich, wenn der 117. vorgelesen wird, weil der so kurz ist, nur zwei Verse lang. Mit dem 119. ist es da schon ganz anders. Dieser Psalm ist der absolut längste und das außerdem das längste Kapitel in der ganzen Bibel. Keine Angst, wir müssen ihn jetzt nicht ganz lesen. Dazu würde ich etwa 16 Minuten brauchen. Trotzdem wollen wir uns einige Verse zu Gemüte führen, um in drei Minuten wenigstens einen Eindruck von diesem einzigartigen Werk zu bekommen.

Álef

1 Wie glücklich sind die, deren Weg tadellos, die leben nach Jahwes Gesetz.
2 Wie glücklich, die seinen Zeugnissen trau’n, die aufrichtig fragen nach ihm.
3 Sie wollen durchaus kein Unrecht mehr tun, sie gehen getreu Gottes Weg.
4 Du selbst befahlst uns die Ordnungen an, dass wir sie befolgen genau.
5 Ich wünschte für mich die Standfestigkeit, zu halten, was dein Gesetz sagt,
6 dann müsste ich mich nicht schämen vor dir, wenn ich die Gebote anschau‘.
7 Deine Bestimmungen präg ich mir ein und danke dir ehrlich dafür.
8 Und deine Gesetze halte ich gern. Stehe mir bei! Verlass mich nicht!

Bet

9 Wie hält ein junger Mann sein Leben rein? Indem er tut was du gesagt.
10 Ich suchte dich mit ganzem Herz.Halte mich bei deinem Gebot!
11 Ich prägte die Worte tief in mir ein, damit ich nicht sündigen kann.
12 Ich will dich erheben, Jahwe, mein Gott! Die Weisungen lehre mich, Herr!
13 Mit meinen Lippen verkündige ich die Anweisung aus deinem Mund.
14 Es macht mir Freude zu tun, was du sagst, viel mehr als Besitz, Gut und Geld.
15 Deinen Anordnungen sinne ich nach, deine Pfade bedenke ich wohl.
16 An deinen Ordnungen habe ich Lust, und deine Worte vergesse ich nicht.

Gímel

17 Tu Gutes an mir, denn ich bin dein Knecht – dann kann ich leben und folgen dem Wort.
18 Öffne du mir die Augen, dann werde ich sehn und schauen die Wunder aus deinem Gesetz.
19 Ich bin nur ein Gast, ein Fremder im Land: Verbirg nicht deine Gebote vor mir!
20 Meine Seele zermürbt vor Verlangen danach, sie verlangt allezeit nach deinen Gesetz.
21 Du drohtest den Stolzen. Ja sie sind verflucht, die weichen von deinem Gebot.
22 Wälze von mir Verachtung und Hohn, denn ich habe stets dein Zeugnis bewahrt.
23 Es sitzen die Großen, halten Rat gegen mich. Dein Knecht sitzt über deinem Gebot.
24 An deinen Weisungen freue ich mich, Sie geben den Rat, den ich brauch‘.

Dálet

25 Ich lieg ohne Kraft, ich klebe am Staub; belebe mich nach deinem Wort!
26 Ich klagte mein Leid: Du hörtest mich an. Belehre mich durch dein Gesetz!
27 Lass mich verstehn deiner Vorschriften Bahn; deinen Wundern sinne ich nach.
28 Meine Seele zerfließt mir vor Gram: richte mich auf nach deinem Wort!
29 Vom Wege der Lüge halte mich fern! Deine Weisung sei mir vergönnt.
30 Ich hab mich entschieden für Wahrheit und Treu, hab vor mich gestellt dein göttliches Recht.
31 An deinen Zeugnissen halte ich fest. Jahwe, beschäme mich nicht!
32 Den Weg deiner Vorschriften werde ich gehen,denn du machst mein Herz dafür weit.

He

33 Zeig mir, Jahwe, deiner Satzungen Weg, damit ich ihm folge zum Ziel.
34 Gib mir Verstand für die Weisung von dir, ich will sie behüten mit Herz.
35 Hilf mir zu folgen dem Pfad des Gebots, denn diesen Weg gehe ich gern.
36 Auf deine Weisungen richt‘ meinen Sinn, und nicht auf Güter und Geld!
37 Wend meine Augen von Eitelkeit ab; erfrische mich auf deinem Weg!
38 Halt deinem Knecht deine Zusage ein, die allen gilt, die dich achten und ehr’n.
39 Wende ab die Schande, vor der mir so graut! Doch was du entscheidest ist gut.
40 Nach deinen Vorschriften sehne ich mich. Durch deine Treue belebe mich, Gott.1

 

Das waren 40 Verse von 176. Der Psalm ist in seiner Gesamtheit wohl auch nicht zum Vorlesen bestimmt.

Ein weiser Vater gab seinem Sohn den Rat: „Nimm jeden Tag einen Vers dieses Psalms vor und denk im Laufe des Tages darüber nach. So kommst du im Laufe des Jahres zweimal durch den Psalm, und das wird dir die ganze übrige Schrift lieb und teuer machen.“2 Das ist nicht bei jedem Vers der Bibel so sinnvoll und auch nicht bei jedem anderen Psalmvers. Es dürfte zum Beispiel viel schwieriger sein, bei dem 9. Vers aus Psalm 137: „Glücklich, der deine Kinder ergreift und sie am Felsen zerschmettert!“ einige Erbauung zu empfangen, als bei dem Vers 18 unseres Psalms: „Öffne du mir die Augen, dann werde ich sehn und schauen die Wunder aus deinem Gesetz.“

Bevor wir nun darüber sprechen, wie wir zur echten Freude über das Wort des Herrn kommen, will ich Ihnen den Psalm noch etwas vorstellen. Seine Länge flößt ja doch einigen Respekt ein. Spurgeon schrieb, dass ihm der Mut, diesen Psalm auszulegen, fast sank.

Er dehnte sich vor mir aus wie eine ungeheure Prärie, von der ich kein Ende sah, und schon dieses flößte mir ein Gefühl des Schreckens ein. Seine weite Fläche war durch keine hervorragenden Punkte unterbrochen … Ich gestehe, ich zögerte, mich da hinaus zu wagen. Andere Psalmen sind nur Berg- und Binnenseen gegen diesen Ozean.

Ein wenig später fügt er hinzu:

Wer ihn nie durchforscht hat, mag ihn langweilig nennen und klagen, dass er viele Wiederholungen enthalte. Dem, der sich wirklich ihm hingibt, ist er wie das Weltmeer, so voll, dass seine Wasser nicht gemessen werden können, und so abwechslungsreich, dass das Auge nie ermüdet. (S. 7f)

Und noch etwas:

Niemals wiederholt er sich; denn wo derselbe Gedanke wiederzukehren scheint, da tritt er doch stets in einer neuen Verbindung, in anderer Gesellschaft auf und offenbart uns eine neue überraschende Schattierung des Sinnes. (S. 9)

Diese Entdeckungen Spurgeons kann jeder nachvollziehen, der es will. Es empfiehlt sich durchaus, die einzelnen Verse dieses Psalms einmal so zu lesen, wie der Vater es damals seinem Sohn empfahl, oder so wie man die Losungen der Herrenhuter Brüdergemeine liest.

Der Gottesmann, der diesen Psalm geschrieben hat (nach Spurgeons Ansicht könnte es durchaus David gewesen sein), hat nur ein Thema: das Wort Gottes. Dieses Wort ist ihm so lieb, dass er in immer neuen Wendungen davon spricht. Er nennt es Gesetz, Weisung, Lehre, das Wort oder die Rede Gottes. Er nennt es die Zeugnisse, Gebote, Befehle, Satzungen und Rechte Jahwes. Er spricht vom Weg seiner Ordnungen, vom Pfad des Gebots und von den Zusagen Jahwes, von der Bahn seiner Vorschriften und den Wundern in seinem Gesetz. Gemeint ist immer dasselbe.

Der Psalm schäumt über vom Lob des biblischen Wortes, er tröstet in Verfolgung, ermutigt wenn man gedemütigt wird und zeigt überhaupt, wie man das Wort des Schöpfers gebraucht, wie man damit leben kann. Das allein wäre schon überaus wertvoll.

Doch der Psalm hat außerdem eine erstaunliche künstlerische Form im hebräischen Original, die man unmöglich ins Deutsche übertragen kann, ohne den Inhalt zu verlieren. In allen 22 Strophen beginnt jeder der acht Verse immer mit dem gleichen Buchstaben des hebräischen Alphabets. Die ersten acht Verse beginnen also mit Alef, die nächsten 8 mit Beth. In der dritten Strophe beginnt jeder Vers mit einem Gímel, in der vierten mit Dálet und so geht es weiter bis Taw, entsprechend den 22 Buchstaben dieses Alphabets.

Dazu kommt noch etwas: Es gibt acht verschiedene Umschreibungen für das Wort Gottes in diesem Psalm. Jede Strophe enthält mindestens sechs davon, sechs Strophen enthalten sogar alle acht Begriffe: Torah – das Gesetz, Edóth – die Zeugnisse, Pikkudijm – die Befehle, Mizwót – die Satzungen, Mischpatim – die Anordnungen, Hukkijm – die Rechte, Dabar – das Wort, Imrah – die Verheißung.

Ich glaube kaum, dass jemand von uns in der Lage wäre, so etwas zu schreiben. Doch der Gottesmann des 119. Psalms hat es aus Liebe zum Wort Gottes getan. Menschlich gesehen hat er es sich extrem schwer gemacht – aus Liebe zu Gott und aus Freude an seinem Wort. Dazu muss man sich vor Augen halten, dass dieser Mann von der Herrlichkeit der neutestamentlichen Botschaft überhaupt noch keine Ahnung hatte, vermutlich noch nicht einmal von der Botschaft der Propheten. Und trotzdem hat Gottes Geist ihn geführt, dieses einzigartige künstlerische Werk zu Papyrus zu bringen.

Ich freue mich über dein Wort! Wir haben am Beispiel dieses alttestamentlichen Gottesmannes gesehen, welch große Freude er am Wort Gottes gehabt haben muss. Und wir haben vielleicht auch schon gemerkt, dass diese Freude bei ihm keineswegs geheuchelt war. Das Wort Gottes war sein Leben!

Wie könnte so etwas denn in unserem Leben Wirklichkeit werden? Dass wir Gottes Wort brauchen, wissen wir ja; dass es sehr wichtig ist, wissen wir auch. Aber allzu oft legt sich eine dunkle Wolke auf uns, wenn wir daran denken, Gottes Wort lesen zu müssen. Es ist der Nebel der Langeweile, der das helle Licht des Wortes kaum durchscheinen lässt. Es ist die Last unseres Fleisches, die uns die Luft des Geistes abdrückt. Es ist die Torheit dummer Gewohnheit, die uns die göttliche Weisheit einfach nicht erblicken lässt. Oder wie es Martin Boos gesagt hat:

Die meisten lesen ihre Bibel wie Kühe, die im hohen Grase stehen und die schönsten Blumen und zartesten Kräuter mit den Füßen zerstampfen. (S. 10)

Und ich füge hinzu: Es gibt sogar Menschen, die tun noch Schlimmeres. Sie verunreinigen das Wort mit dem Kot ihrer Bibelkritik und behaupten dann auch noch, das würde den anderen besser schmecken.

Nein, wir wollen nicht wie Kühe mit dem Wort Gottes umgehen. Wir wollen viel mehr miteinander über dieses Wort nachdenken. Zwei Dinge müssen wir noch überlegen. Wenn wir zur Freude am Wort Gottes kommen wollen, müssen wir nämlich auch erkennen, was uns gewöhnlich die Freude vergällt. Und als zweites lasst uns nachforschen, was die Freude am Wort Gottes fördert. Und damit wir uns das besser merken können, habe ich sie die Feinde der Freude am Wort Gottes und die Freunde der Freude genannt. Sprechen wir zunächst über die Feinde der Freude.

Die Feinde der Freude

Drei von ihnen habe ich aufgespürt. Sie heißen: Ungehorsam, Unaufrichtigkeit, Unkenntnis. Sie vergällen uns die Freude an Gottes Wort. Der erste Feind heißt

Ungehorsam

Und der erste, der den Menschen die Freude an Gottes Wort vergällt hat, war der Satan im Paradies. 1Mo 3,1: „Hat Gott wirklich gesagt, dass ihr von keinem Baum im Garten essen dürft?“ Dann, etwas später:

„Sterben?“, widersprach die Schlage, „sterben werdet ihr nicht. Aber Gott weiß genau, dass euch die Augen aufgehen, wenn ihr davon esst. Ihr werdet wissen, was Gut und Böse ist und sein wie Gott.“

Solche Töne hatten die Menschen noch nie gehört. Noch nie in ihrem Leben hatte jemand so kritisch über Gott gesprochen. Satan war dabei, die Menschen zum Ungehorsam gegen Gott zu verführen.

Wer Gott nicht gehorchen will, stellt das eigene Wort über Gottes Wort und gegen Gottes Wort, seinen Eigenwillen gegen Gottes Willen. Dieser rebellische Geist vergällt uns die Freude an Gottes Wort. Und er hat inzwischen viele Möglichkeiten gefunden, sich auszudrücken und die Menschen zu verführen. Er benutzt die gute Schöpfung Gottes gegen Gott, er benutzt Bücher, Zeitschriften, Radio, Fernsehen, Internet. Er benutzt Worte und Bilder, um Menschen von Gott wegzuführen. Er und seine Anhänger können das gut, teuflisch gut. Sie machen es sehr interessant, Gott ungehorsam zu sein und versuchen Gottes Wort langweilig erscheinen zu lassen. Sie verwenden alle Mittel, die sie haben, um Menschen für ihr Wort zu interessieren. Ihr Wort ist betörend, ihre Bilder verführerisch schön, aber ihre Wirkung ist tödlich. Sie setzen auf die ich-süchtigen Begierden, die Lust der Augen, den Hochmut des Lebens. Aber ihr Wort hat keine Kraft, es schafft kein Leben, es bringt nicht zu Gott, sondern führt letztlich immer zum Tod. Das ist die furchtbare Täuschung.

Mit Ungehorsam gegen Gott fing es an, mit persönlichem Ungehorsam setzte es sich bei jedem fort und dieser Ungehorsam kann selbst Gläubigen die Freude an Gottes Wort rauben. – Der nächste Feind der Freude heißt

Unaufrichtigkeit

„Besudelt mit Lüge, die Hochmut erdacht – halte ich doch dein Gebot fest.“ sagt der Gottesmann des 119. Psalms in V. 69. So erleben wir es ja auch manchmal. Die Unaufrichtigkeit anderer Menschen ist bitter und besudelt unseren Ruf. Darum kann ich keinem mehr vertrauen, der mich belügt. Unaufrichtigkeit zerstört das Vertrauen zwischen Menschen.

Es gibt auch eine Unaufrichtigkeit, die uns die Freude am Wort Gottes vergälltEs gibt auch eine Unaufrichtigkeit, die uns die Freude am Wort Gottes vergällt. Das meint natürlich nicht, dass man diesem Wort nicht vertrauen könnte. Nein, auf Gottes Wort ist immer Verlass. Aber auf die, die von Gottes Wort reden, ist nicht immer Verlass. Und manchmal besudeln sie durch ihre Unaufrichtigkeit das Wort.

Sie behaupten, das Wort Gottes zu lieben – warum merkt man nichts davon? Sie erzählen, wie wunderbar das Bibelwort sei, aber warum lesen Sie ihre Bibel kaum? Sie sagen den Jugendlichen und Kindern, dass sie dem Wort Gottes gehorchen sollen, aber Sie selbst tun es nicht. Das ist Unaufrichtigkeit, die nicht nur Ihnen, sondern auch anderen die Freude am Wort vergällt. – Der dritte Feind der Freude heißt

Unkenntnis

V. 67 sagt der inspirierte Verfasser: „Ich irrte, eh‘ ich gedemütigt ward, jetzt aber tu‘ ich, was du befiehlst.“

Immer wieder hört oder liest man Zeugnisse von schwer kranken Menschen, die sagen: „Es war gut für mich, dass ich krank wurde. Sonst hätte ich den Herrn nie kennen gelernt.“

„Bevor ich gedemütigt wurde, irrte ich.“ Stolz macht es unmöglich, das Wort Gottes zu verstehen, denn „Den Hochmütigen widersteht Gott, nur den Demütigen gibt er Gnade.“ (Spr 3,34.) Der Stolze denkt: „Das brauche ich nicht! Die Wissenschaft hat doch festgestellt, dass die Bibel ein Märchenbuch ist.“ – Das hat sie eben nicht, aber der Stolze hat keine Ahnung davon. Vielleicht schämt er sich auch nur, so ein altmodisches Buch zu lesen.

Viele empfinden das Wort Gottes als langweilig, weil sie es nicht kennen und wenig davon verstehen. Sie haben nie seine Ordnungen gelernt, wie es unser Psalm in V. 71 ausdrückt: „Gut war für mich das Gedemütigtsein, so lernte ich deine Ordnungen neu.“

Sie haben eine Bibel bei der Oma im Schrank gesehen, aber dann konnten Sie die alte Schrift kaum entziffern. Und Sie waren zu stolz, jemand zu fragen.

Unkenntnis vergällt uns die Freude an Gottes Wort genauso wie Unaufrichtigkeit und Ungehorsam.

Das waren die drei Feinde der Freude. Am einfachsten wäre es natürlich, wenn man sie verwandeln könnte, so dass sie zu Freunden würden. Aus Ungehorsam wird dann Gehorsam, aus Unaufrichtigkeit Aufrichtigkeit, aus Unkenntnis wird Verständnis oder sogar Weisheit, wie geschrieben steht: „Die Furcht des Herrn ist der Weisheit Anfang.“ (Ps 111,10; Spr 4,7; 9,10.) Möge Gott schenken, dass Sie die Feinde der Freude überwinden können oder dass Gott sie verwandelt, denn ohne Gehorsam, Aufrichtigkeit und Verständnis werden Sie die Freunde der Freude kaum finden.

Drei von ihnen will ich noch vorstellen. Der ungenannte und unbekannte Gottesmann des 119. Psalms wird uns dabei helfen, denn er hat oft von der Freude geschrieben, die er an Gottes Wort hat.

Die Freunde der Freude

Ich habe sie genannt: Gebete, Gedanken, Gewinne: beständige Gebete, biblische Gedanken, geistliche Gewinne.

Gebete

Der erste Freund der Freude an Gottes Wort heißt Gebete. Sie haben offenbar deshalb so wenig Freude an Gottes Wort, weil Sie so wenig in diesen Zusammenhang beten. Unser Psalm ist voll von Gebet. Fast alles, was unser Gottesmann sagt, ist gleichzeitig Gebet. Hören wir noch einmal hinein.

4 Du selbst befahlst uns die Ordnungen an, dass wir sie befolgen genau.

5 Ich wünschte für mich die Standfestigkeit, zu halten, was dein Gesetz sagt,

6 dann müsste ich mich nicht schämen vor dir, wenn ich die Gebote anschau‘.

10 Ich suchte dich mit ganzem Herz. Halte mich bei deinem Gebot! Die Weisungen lehre mich, Herr!

13 Mit meinen Lippen verkündige ich die Anweisung aus deinem Mund.

14 Es macht mir Freude zu tun, was du sagst, viel mehr als Besitz, Gut und Geld.

Der Mann spricht nicht über Gebet, er betet. Er sagt auch nicht, schenke mir die Freude an deinem Wort. Er freut sich und drückt seine Freude im Gebet aus.

164 Ich preise dich wohl sieben Mal am Tag, denn deine Gerichte sind gut und gerecht.

Das Gebet ist der Freund der Freude; aber nicht nur das Gebet, sondern auch die Gedanken, die biblischen Gedanken.

Gedanken

Wir müssen wieder lernen, biblisch zu denken! Das beginnt mit dem Nachdenken über ein Wort. Hören wir mal hinein:

15 Deinen Anordnungen sinne ich nach, deine Pfade bedenke ich wohl.

16 An deinen Ordnungen habe ich Lust, und deine Worte vergesse ich nicht.

99 Mehr als meine Lehrer hab ich erkannt, weil ich erwäge, was du mich weist.

148 Selbst in Stunden der Nacht liege ich wach und sinne nach über dein Wort.

Fangen Sie an, über eine Anordnung Gottes nachzudenken. Überlegen Sie, was sie bedeutet. Schauen Sie sie von allen Seiten an. Überlegen Sie, wie Sie sie praktizieren können. Denken Sie über die Folgen nach. Trainiere deine Gedanken in Gottes Wort.

55 Auch in der Nacht denk ich, Jahwe, an dich, und hüte die Weisung von dir.

Die Freunde der Freude an Gottes Wort heißen Gebete, Gedanken und Gewinn.

Gewinn

Geistlicher Gewinn! Unser Bibellesen braucht auch ein Ziel. Wir wollen uns damit nicht die Zeit vertreiben, sondern wir wollen einen Gewinn machen.

162 Mit jubelnder Freude erfüllt mich dein Wort, als hätte ich große Beute gemacht.

Wer große Beute macht, freut sich sehr. Wer einen großen Fisch fängt, hat aber vorher die Angelrute ausgelegt. Wer einen Eber erlegt, hat ihn lange verfolgt. So ist es auch mit der Bibel. Aber wenn Sie nur pflichtgemäß ihr Soll erfüllen, machen Sie überhaupt keinen Gewinn. Sie müssen einen Gewinn machen wollen, dann bekommen Sie ihn auch und kommen schließlich zur Freude am Wort.

Es gibt noch viel mehr Bibelfreunde, Freunde zur Freude. Sie werden sie aber nur entdecken, wenn Sie mit dem Wort beten, das Wort bedenken und wirklich Beute machen wollen. Denn nur dann passen Sie ja auf, was Sie lesen.

Bekämpfen Sie den Feind des Ungehorsams und fangen Sie an, Gott gehorsam zu sein. Kämpfen Sie gegen Unwahrhaftigkeit und Unkenntnis und legen Sie sich die neuen Freunde zu: Gebet, Gedanken, Gewinn. Probieren Sie es doch einmal mit Psalm 119. Lesen und bedenken Sie jeden Tag einen Vers und beabsichtigen Sie einen Gewinn davon zu haben. Bald werden sie neue echte Freude am Wort Gottes haben. Das wünsche ich Ihnen von Herzen.


  1. Übertragung von Karl-Heinz Vanheiden – NEÜ 

  2. Charles Haddon Spurgeon. Die Schatzkammer Davids Band IV. Neukirchen: Verlag der Buchhandlung des Erziehungsvereins. S. 12.