Drei bibelgläubige Wissenschaftler beschreiben ihre Positionen in der Debatte über Schöpfung und Evolution. Sie bekennen sich öffentlich zum christlichen Glauben und zur göttlich inspirierten Heiligen Schrift.
Die Idee zu dieser Arbeit stammt offenbar von Dr. Alexander Fink, dem Leiter des Instituts für Glaube und Wissenschaft. In seiner Einleitung (S. 11-18) stellt er den persönlichen, geistlichen und wissenschaftlichen Werdegang der drei Wissenschaftler vor und betont: „Der Glaube an den dreieinigen Gott, die Liebe und Faszination für seine Schöpfung, die Dankbarkeit für unsere Erlösung durch den Tod von Jesus am Kreuz und seiner Auferstehung von den Toten verbindet alle drei stärker, als sie die Unterschiede in der Frage trennen, wie Gott den Kosmos geschaffen hat.“
Entstanden ist eine schriftliche Diskussion. Die Autoren stellen im ersten Teil – unabhängig voneinander – ihre Sichtweise auf Evolutionsbiologie und ihre Auslegung des biblischen Schöpfungsberichts dar. Im zweiten Teil reagieren die Autoren auf die ihnen vorgelegten Ausführungen der anderen. Und im dritten Teil reagiert jeder Autor noch einmal auf die Kritik der anderen und verteidigt seine eigene Position.
Die Sichtweise der Autoren wird schon etwas in den Überschriften zum jeweils ersten Teil ihrer Arbeit deutlich. Barbara Drossel: Gott schafft durch Prozesse. Reinhard Junker: Gott erschafft durch das Wort und nicht durch Evolution. Siegfried Scherer: Erschafft Gott durch Evolution und Design?
Der Leser wird in viele wissenschaftliche Diskussionen und Ergebnisse eingeführt, erkennt auch die Schwierigkeit eindeutiger Begriffsbestimmungen. So kann Evolutionsbiologie sowohl Mikroevolution (also natürliche heute beobachtbare Veränderungen in Lebewesen) als auch Makroevolution bedeuten (natürliche und zufällige Entstehung ganz neuer Strukturen in sehr großen Zeitabschnitten und Entstehung des Lebens selbst aus toter Materie). Letzteres ist bis heute nicht gelungen, obwohl das immer wieder behauptet wird. Der Leser erkennt die Grenzen der Wissenschaft, aber auch seiner eigenen Denkweise, einschließlich der Auslegung der ersten elf Kapitel der Bibel. Er wird verstehen, dass Lücken und Schwierigkeiten in der gängigen Evolutionstheorie nicht automatisch Gottesbeweise sind und Gott keinesfalls als „Lückenbüßer“ verstanden werden darf. Auf der anderen Seite wird klar, dass atheistische Wissenschaftler ihr materialistisches Weltbild ungerechtfertigt mit ihrer wissenschaftlichen Arbeit verquicken, dies aber fast immer verbergen. Es ist einfach gut, die Argumente der anderen zu kennen und die Schwäche der eigenen. Man lernt eine Menge über die Bedeutung von Naturgesetzen („die Regeln, nach denen Gott die Welt am Laufen hält“), über Design und Feinabstimmung und wie es zu den heutigen kosmologischen Theorien kam.
Barbara Drossel, Reinhard Junker, Siegfried Scherer: Schöpfung und Evolution? Drei Wissenschaftler. Drei Positionen. Eine Debatte. Holzgerlingen: SCM Brockhaus 2024. 394 S. Hardcover: 28,00 €. ISBN: 978-3-417-24183-9
Natürlich bleiben Fragen: Kann man den Evolutionsprozess wirklich als schaffendes Handeln Gottes interpretieren oder ist es ein kreatives Potential, das Gott seiner Schöpfung mitgegeben hat (B. Drossel)? Ist es angesichts großer Erklärungsprobleme überhaupt vernünftig, an der Sichtweise einer jungen Schöpfung festzuhalten? (R. Junker sagt Ja, denn es sind nicht die Daten, die im Gegensatz zu einer jungen Erde stehen, sondern die Modelle und Rekonstruktionen, also die Interpretation. Für ihn dominiert letztlich Gottes Wort.)
B. Drossel und S. Scherer lehnen eine junge Erde aber sehr deutlich ab und bezeichnen dies als Gefahr für junge naturwissenschaftlich gebildete Gläubige, die so ihren Glauben verlieren könnten. Andererseits müssen sie den angeblich 3,8 Milliarden Jahre währenden Evolutionsprozess in die biblische Urgeschichte hineindeuten. Das geht nicht, ohne einige Denkmuster liberaler Theologie zu verwenden und zentrale biblische Grundaussagen abzuschwächen.
Insgesamt ist das Buch dennoch Beispiel für einen konstruktiven Dialog über Fragen der Schöpfung zwischen Wissenschaft und Bibel, in dem die Beteiligten ihre Denkvoraussetzungen benennen und auch die Grenzen ihres Nichtwissens zugeben. Es ist durchaus anspruchsvoll, kann aber für Leser empfohlen werden, die sich schon mit diesen Fragen beschäftigt haben und vor Fremdwörtern nicht zurückschrecken.